Das Königsgambit: Die Visitenkarte des Schachromantikers

Kaum eine andere Schacheröffnung steht so für romantisches Schach wie das Königsgambit. Gleich im zweiten Zug schwächt Weiß seine eigene Königsstellung, um sich auf den schwarzen König zu stürzen. Doch den modernen Meistern ist das zu hastig und riskant. Sie spielen lieber langfristig und vorsichtiger und deshalb ist das Königsgambit in Top-Turnieren heutzutage ein seltener Gast. Doch wenn es gespielt wird, sorgt das für Aufregung, denn das Königsgambit ist mehr als nur eine Eröffnung – es steht für die Schachromantik vergangener Epochen, für die Sehnsucht nach Partien voll kühner Opfer und wilder Königsangriffe. Kein Wunder, dass David Bronstein eine Schwäche für das Königsgambit hatte.

In den 40er Jahren gehörte Bronstein zu den besten Spielern der Welt und 1951 wäre er fast Weltmeister geworden. Sein Weltmeisterschaftskampf gegen Mihail Botvinnnik endete 12-12 Unentschieden, doch da Bronstein als Herausforderer das Match gewinnen musste, fehlte ihm ein halber Punkt zum Titel. Die Enttäuschung über den knapp verpassten Weltmeistertitel schien bei Bronstein so groß gewesen zu sein, dass er sich nach dem Wettkampf gerne als Schachkünstler stilisierte, dem schönes und kreatives Schach wichtiger war als sportliche Erfolge – zumindest behauptet das Genna Sosonko in dem Buch The Rise and Fall of David Bronstein, einer kritischen Biographie Bronsteins. Diese Betonung der Schönheit des Schachs zeigt sich auch in Bronsteins Partien, zum Beispiel in der folgenden, nicht ganz fehlerfreien, Glanzpartie, in der Bronstein wissen wollte, was Mihail Tal vom Königsgambit hielt.


David Bronstein 1968 (Foto: Erich Koch, Wikipedia)

Doch in Bronsteins berühmtester Partie mit dem Königsgambit hatte er Schwarz – und er hat verloren, vielleicht ein ironischer Kommentar des Schicksals zum Thema sportlicher Erfolg und Schönheit im Schach. Bronsteins Gegner in dieser Partie war Boris Spassky, Weltmeister von 1969 bis 1972 und ebenfalls ein Anhänger des Königsgambits.

Spasskys brillante Opfer machen diese Partie zu etwas Besonderem, aber wirklich berühmt geworden ist sie, weil sie in die Filmgeschichte einging. Denn die Schlussphase der Partie wurde in dem James Bond Film Liebesgrüße aus Moskau verewigt.

Liebesgrüße aus Moskau wurde 1963 gedreht und war der zweite Bond Film überhaupt. Die Hauptrolle spielte Sean Connery und in der Schachszene sieht man Bonds Gegenspieler Kronsteen – und da er gut Schach spielt, weiß der Zuschauer gleich, dass es Bond mit einem gefährlichen und hochintelligenten Gegner zu tun hat. Aber viel Sinn für schachliche Ästhetik scheint Kronsteen nicht gehabt zu haben – im Gegensatz zu Bronstein, Keres, Tal oder Spassky.

Siehe auch:

Immer wieder schön: Matt setzen mit dem Königsgambit
Optimismus ist besser: Angriffsschach mit Baskaran Adhiban
Rudolf Spielmann: Lebensgeschichte als Zeitgeschichte

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