Zum Geburtstag von Edna St. Vincent Millay (22. Februar 1892 – 19. Oktober 1950)

Edna St. Vincent Millay, Foto: Arnold Genthe, Wikimedia Commons

First Fig

My candle burns at both ends;
It will not last the night;
But ah, my foes, and oh, my friends-
It gives a lovely light!

Dieses Gedicht stammt von Edna St. Vincent Millay, die in den 1920ern eine der bekanntesten Lyrikerinnen der USA war, wenn nicht sogar die bekannteste. Für ihr drittes Buch, den 1923 veröffentlichten Gedichtband Harp Weaver, erhielt sie den Pulitzerpreis, ihre Gedichtbände waren Bestseller, sie selbst ein Star.

Ihre Zeitgenossin, die amerikanische Autorin und Literaturkritikerin Dorothy Parker, schrieb in einer Mischung aus Neid und Bewunderung: „Wir kamen alle nach Miss Millay. Wir waren alle umwerfend und verwegen, und erzählten, wir wären keine Jungfrauen, egal, ob wir es waren oder nicht. So schön sie war, so hat Miss Millay mit ihren von beiden Enden brennenden Kerzen doch eine ganze Menge Schaden angerichtet … Bei ihr wirkte das Dichten so leicht, dass wir dachten, wir alle könnten das. Aber natürlich konnten wir das nicht.“

„First Fig“ ist eines der bekanntesten Gedichte von Millay und stammt aus ihrem zweitem Buch, dem 1920 veröffentlichten Gedichtband A Few Figs from Thistles. Das kurze Gedicht beschreibt auch Millays eigenes Leben – zumindest die ersten beiden Zeilen. Die Lyrikerin lebte exzessiv, trank, nahm Morphium und hatte zahlreiche, flüchtige und intensive Affären mit Männern und Frauen.

1923, nach Rückkehr von einem längerem Aufenthalt in Europa, heiratete sie Eugene Jan Boissevain, doch unterhielt weiter zahlreiche Affären. Mit dem Einverständnis ihres Mannes. So soll er laut Klappentext der deutschen Ausgabe des Gedichtbandes Love is not all einmal gesagt haben, „er toleriere alle Freiheiten, die sich seine Frau nähme, solange diese ihrer dichterischen Kreativität nicht abträglich seien“.

Doch irgendwann leuchtete das Licht der Kerze, die von beiden Enden her brannte, nicht mehr „lovely“. „Ein rücksichtslos malträtierter Körper, ein Unfall, schwere Medikamente, Entziehungskuren“, beschreibt Peter Stoltzenberg kurz und knapp den Tribut, den ihr exzessives Leben von der Lyrikerin forderte.

Boissevain starb 1949 an Lungenkrebs und nach dem Tod ihres Mannes suchte Millay noch mehr Trost im Alkohol. Sie selbst starb nur wenig später als Boissevain: Am 19. Oktober fand man sie tot in ihrem Haus – bei einem Sturz auf der Treppe hatte sie sich das Genick gebrochen.

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