Zufällige Zitate: Marele Day, Krimiautorin, über ihr Genre
Ich habe nie Krimis gelesen, bevor ich Leben und Verbrechen des Harry Lavender schrieb. Meine ursprüngliche Motivation war es, ein Buch über Sydney zu schreiben. Von Beginn meiner Schreibkarriere an war „Ort“ immer eine Quelle der Inspiration. Ich begann zu schreiben, als ich zu reisen begann. Statt Fotos zu machen, schrieb ich ein paar Worte über die Orte, die ich besuchte. Die Worte wurden irgendwann zu Gedichten, und irgendwann, als ich mich nicht nur für Sprache, sondern auch für das Erzählen zu interessieren begann, wollte ich mich an einem Roman versuchen. Dazu musste ich üben, Plots zu schreiben. Ein Krimi schien diese beiden Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – ein plot-betontes Genre und ein Mittel, die Stadt zu zeigen. … Oh, und warum nicht eine Detektivin? So entstand der erste Claudia Valentine Roman, aber auch das hat eine Vorgeschichte, eine French Connection, die auf mein Studium an der Universität von Sydney zurückverfolgt werden kann: drei autobiographische Romane einer französischen Autorin, Albertine Sarrazin, die mein Interesse am Leben auf der falschen Seite des Gesetzes geweckt haben. Sarrazin war gerissen, nicht auf den Mund gefallen … und hatte ein Viertel ihres kurzen Lebens in Erziehungsheimen und Gefängnissen verbracht.
Das Französisch-Studium sorgte auch für die Bekanntschaft mit Strukturalismus und Semiotik (damals radikale und belebende Ansätze), die die Architektur von Geschichten untersuchen und erforschen, wie sie zusammengesetzt sind. (…)
In allen Erzählungen gibt es ein „Geheimnis“ – was geschieht, wer sorgt dafür, dass es geschieht, wann, wo, warum wird diese Geschichte erzählt? (…) Wir lesen Romane und Erzählungen, um zu wissen, was es heißt, Mensch zu sein, um durch dieses Paralleluniversum das Leben Anderer zu erfahren. (…)
Gute Kriminalromane sind das, was jeder Roman sein sollte – großartige Literatur, eine Betrachtung über das Menschsein, Reflektion über die Welt um uns, mit einem Geheimnis im Innersten. Mit anderen Worten: verdammt gute Geschichten.
Marele Day, „The Three C’s“, in If I Tell You… I’ll Have to Kill You: Australia’s Leading Crime Writers Reveal Their Secrets, Michael Robotham (Hrsg.), Allen&Unwin 2013, S.28-30.
Marele Day, geboren am 4. Mai 1947 in Sydney, ist eine mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete australische Autorin, die vor allem durch ihre Erzählungen um die Privatdetektivin Claudia Valentine bekannt geworden ist. Diese Romane gelten als Klassiker der australischen Kriminalliteratur und wurden auch ins Deutsche übersetzt.
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