Hamburg 1947: Cay Rademachers „Der Trümmermörder“

rademacher_tm_1Winter 1947, Hamburg, Oberinspektor Frank Stave sucht einen Mörder, der die Stadt in Atem hält. Ein historischer Krimi mit Heimattouch, Hitler noch nicht lange tot, ein Serienmörder – bei diesen Themen kann viel schiefgehen. Doch in seinem Roman „Der Trümmermörder“ umschifft Cay Rademacher alle diese Klippen souverän und so gelingt ihm ein packendes Porträt Hamburgs in der Nachkriegszeit. Die Handlung des Romans folgt dabei bewährten Krimimustern: In den Trümmern eines Hauses im zerbombten Hamburg wird eine Frauenleiche entdeckt. Oberinspektor Stave soll den Mörder finden. Während der Hamburger Inspektor nach dem „Trümmermörder“ fahndet, verliebt er sich in eine verdächtige Zeugin, wehrt sich gegen Intrigen alter Nazis, findet Helfer und Helferinnen und muss zwischen Freund und Feind unterscheiden.

Und er will wissen, was mit seinem Sohn Karl passiert ist. Staves Frau starb bei der Operation Gomorrha, den Bombenangriffen auf Hamburg im Sommer 1943, sein Sohn Karl hat sich von ihm entfremdet. Karl Stave sympathisierte mit den Nazis, Frank Stave nicht. Staves Sohn zog in den Krieg und kämpfte an der Ostfront, doch ob Karl noch lebt, weiß Stave nicht – er hat seit Jahren nichts von ihm gehört.

Auf der Suche nach dem Mörder und nach Nachricht von seinem Sohn marschiert Stave zu Fuß Kilometer um Kilometer durch das zerstörte Hamburg. Denn Benzin ist rationiert und nicht einmal die Polizei hat genug, um ihre Autos zu tanken. Stave durchquert Stadtteile voller Ruinen, hungert, friert, fragt sich, wer in seiner Behörde bei den Nazis war, verhört Verdächtige auf dem Schwarzmarkt und in schäbigen Hütten und sieht, wie die Hamburger versuchen, diesen Winter zu überstehen der als „Hungerwinter“ in die Geschichte einging und nach Schätzungen von Historikern Hunderttausende Opfer kostete.

Während er seinen Inspektor durch das zerbombte Hamburg schickt, ergänzt Rademacher sein Porträt der Hansestadt unauffällig mit historischen Fakten. So hat es die „Trümmermorde“ in Hamburg im Winter 1947 wirklich gegeben und auch viele Personen der Hamburger Geschichte spielen kleinere oder größere Rollen in dem Roman, zum Beispiel Staves Vorgesetzter Carl (Kuddel) Breuer oder Max Brauer, der erste frei gewählte Hamburger Bürgermeister nach dem Krieg.

Mit dieser Mischung von Fakten und Fiktion gelingt Rademacher ein spannender Krimi und ein anschauliches Porträt Hamburgs in der Nachkriegszeit.

Cay Rademacher, Der Trümmermörder

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336 Seiten, Taschenbuch
Dumont 2011, 9,99 Euro.

Über den Autor (Wikipedia):

„Cay Rademacher studierte Anglo-Amerikanische Geschichte, Alte Geschichte und Philosophie in Köln und Washington, D.C. Als freier Journalist schrieb er für GEO, Merian, mare, Die Zeit und das SZ-Magazin. Seit 1999 ist er fester Redakteur bei GEO. Er baute die Zeitschrift GEO Epoche mit auf und ist deren geschäftsführender Redakteur.

Daneben schreibt Rademacher historische Sachbücher und Romane. Seine Themen reichen von der Zeit des Pharaohs Merenptah, dem historischen Jesus von Nazaret, den Essenern, dem ersten Kreuzzug, Paris im 14. Jahrhundert bis zur letzten Fahrt des LZ 127 Graf Zeppelin, der Versenkung der Athenia, dem Hamburger Trümmermörder und dem Untergang der Estonia. Er verfasste auch Reiseführer über Rom, Köln, Washington, D.C., die Provence und Frankreich.

Rademacher lebte und arbeitete in Hamburg, bis er 2013 mit seiner Familie in die Provence zog, wo auch sein Romanheld, der französische Gendarm Capitaine Roger Blanc, angesiedelt ist.“

Wikipedia (aufgerufen am 16.12.2015)

Siehe auch:

Briefe aus der Provence, Rademachers Internet-Blog.

Historische Hintergründe zum Hungerwinter 1946/47

Wikipedia-Eintrag: Operation Gomorrha

Hamburg nach dem Kriegsende (ZDF Doku):

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