Aus wenig wird viel: Georges Simenon

Foto: Erling Mandelmann (Wikipedia)

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Schätzungen zufolge kommen die Romane Georges Simenons (der nach eigenen Angaben am 13. Februar 1903 um 0:10 geboren wurde) mit einem Vokabular von 900 bis 2.300 Wörtern aus. Das ist nicht viel. Die Angaben über den Wortschatz einzelner Menschen oder Personengruppen schwanken, aber wie in einem Spiegel-Artikel aus dem Jahre 1986 zu lesen ist, haben Forschern Sechsjährigen schon einen Wortschatz von 4.500 bis 6.000 Wörtern bescheinigt, während Goethe in seinen Werken auf „mindestens 80.000“ Wörter kommt, wohingegen sich sein englischer Kollege Shakespeare angeblich mit 29.000 Wörtern begnügt.

Simenon liegt in jedem Fall weit darunter. Doch mit wenig Worten schuf Simenon ein beeindruckendes Werk. Der in der Wikipedia zitierten Bibliografie von Claude Menguy zufolge „veröffentlichte Georges Simenon unter seinem Namen 193 Romane (darunter 75 Maigrets) und 167 Erzählungen (darunter 28 Maigrets). … Unter Pseudonym schrieb Simenon neben seinen frühen journalistischen Reportagen 201 Groschenromane und Sammelbände, 22 Erzählungen und Kurzgeschichten in belgischen und 147 in französischen Publikationen, sowie über 1000 ‚contes galants’ (erotische Geschichten)“.

Mit einer geschätzten Gesamtauflage von 500 Millionen Büchern zählt Simenon zu den meistgelesenen Autoren der Welt und wurde zugleich von Kollegen und Kritikern wie William Faulkner, Walter Benjamin, Ernest Hemingway, Kurt Tucholsky, Dashiell Hammett, Patricia Highsmith oder Friedrich Glauser bewundert. Gabriel García Márquez bezeichnete ihn sogar als „wichtigsten Schriftsteller unseres Jahrhunderts“ (vgl. Wikipedia-Eintrag Georges Simenon).

Simenons bekannteste Figur, Kommissar Maigret, lieferte die Vorlage zu zahlreichen Filmen und Fernsehserien und veränderte das Genre des Kriminalromans. Auch heute noch inspiriert Maigret Kritiker und Autoren. Besonders gefallen hat mir dabei der „Selbstversuch in 75 Bänden“ von Tilman Spreckelsen, seines Zeichens Redakteur im Wissenschaftsressort der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. 75 Wochen lang hat Spreckelsen jede Woche einen Maigret-Roman gelesen und seine Gedanken dazu in einem Blog festgehalten. Stichworte wie „Handlung in einem Satz“, „Lieblingssatz“ oder „Spielt in“ liefern dabei ein interessantes Muster für den Umgang mit Romanen und Romanreihen. Aus Spreckelsens Blog wurde später das amüsante und nicht nur für Maigret-Fans lesenswerte Buch Der Maigret-Marathon.

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